Immer wieder gibt es Anfragen, ob so ein Holzdach auch dicht ist, wie lange es hält usw.
Oh ja, es ist dicht, hält viele Jahrzehnte, ist obendrein nachhaltig und – als kleines Schmankerl und Zugabe – sieht ungemein stark aus. Die Menschen in den Alpen decken ihre Häuser seit langer Zeit mit Holzschinden, weil sie um die vielen Vorteile wissen, die Ästhetik schätzen und den unnachahmlich betörenden Geruch eines Holzschindeldaches – besonders wenn es regnet – lieben. Zudem denke ich, dass sie nicht wirklich das Vertrauen in die Natur verloren haben…

Und jetzt kommt das, was kommen muss: das “aber”. Das funktioniert aber nur, wenn es richtig gedeckt ist.

Als ich mit den Holzschindeldächern anfing, tauchte ich in eine völlig neue Welt ein. Mit “schön gerade und ordentlich”, was man so gemeinhin von den üblichen Dächern mit konfektionierten Dachschindeln aus Beton oder gebranntem Ton oder vielleicht sogar den im Sommer nach Teer stinkenden Bitumenschindeln kennt, war es nicht soweit her. Ich musste meinen Standpunkt ändern, denn Holzschindeln haben allesamt eine Besonderheit: sie sind irgendwann mal gewachsen. Sie sind unterschiedlich dick, unterschiedlich lang und vor allem – das ist das Gute daran – unterschiedlich breit. Daraus muss man jetzt eine bestechend schöne Dachhaut zaubern.
Und das geht eigentlich einfacher als man zunächst denkt. Man muss nur ein paar Regeln beachten.

Ich erzähle jetzt einfach, wie ich das Dach von unserem Lieblingsplatz mit Gaube decke.

Zunächst klebe ich sämtliche Kehlen, Stöße und Knicke mit selbstklebendem textilarmiertem Band ab. Dazu nehme ich grundsätzlich das teure, schwarze Klebeband von Isover. Das klebt auch nach Jahren wie Hulle… dabei aufpassen, dass man sich nicht selbst anklebt.
Dann wird das komplette Dach foliert, sprich: von unten bis oben mit Folie oder Bitumenbahnen dicht abgedeckt.
Und schon gehts los. Auf Traufbleche kann ich getrost verzichten, weil ich die untere Lage Schindeln doppelt lege… die erste Schicht mit zwei bis drei Zentimetern Abstand zur Traufleiste, die zweite Schicht mit einem Zentimeter Abstand zur ersten Lage. Der Vorteil hier ist eine doppelte Tropfkante. (häh? Tropfkante? Wasn das? Googelt einfach mal nach “Tropfkante” in Verbindung mit “Fachwerkhaus”. Ist interessant!)

Die unteren Enden der Schindeln liegen bei mir nie in einer Linie. Das könnte man zwar mit Hilfe einer Schlagschnur leicht bewerkstelligen, aber hey, wir bauen hier märchenhafte Häuser, und da ist nichts dran, was man sonst so kennt
Also, die unteren Enden immer nach Lust und Laune mit 0,5 bis 2 cm Versatz annageln.
Apropos annageln: jede Schindel braucht zwei Nägel ein wenig oberhalb der Mitte, drei/vier Zentimeter vom Rand entfernt. Für die ganz schmalen reicht einer, die ganz breiten Schindeln können gerne mit drei Nägeln befestigt werden. Sind die Schindeln feucht, kann man sie seitlich aneinander stoßen lassen. Sind sie beim Dachdecken allerdings trocken, so helfen für eine sorgenfreie Zukunft unbedingt 0,5 bis 1 cm Abstand (das ist übrigens eine der Regeln!), denn Holzschindeln dehnen sich aus wenn es regnet.

Die übrigen Schindelreihen sind dann immer einlagig, ungefähr 20 – 22 cm über den unteren Schindeln und immer so, dass sie die Fugen der unteren Lagen abdecken. Das Tolle bei den ungleich breiten Holzschindeln ist, dass man immer eine passende findet. Wenn man etwas geübter ist, kann man sogar die Bereiche der Aussensparren decken ohne jemals eine Säge oder einen Hobel zu bemühen… so genau bekommt man das hin.

Im Grunde ist es wie ein Puzzle, nur einfacher und mit mehr Spaß!

Gut, irgendwann bin ich dann bei der Traufleiste der Gaube angelangt. Dann fange ich mit dem Gaubendach an und mache das fertig, bevor es mit dem Hauptdach weitergeht. Mit der Gaube gehts eigentlich genauso wie mit dem Hauptdach… untere Reihe zweilagig und dann einlagig weiter. Für die Spitze (und sogar den First) bemühe ich immer gerne die Stichsäge und danach die Flex mit einer 60er Sandpapierscheibe – und zwar erst dann, wenn die Schindeln schon angenagelt sind. Das ist zwar etwas unhandlicher (und jeder mit etwas Höhenangst sollte davon lieber Abstand nehmen; man steht schon mal freihändig und nur mit einem Fuß auf der Leiter während man sägt), aber das Ergebnis ist immer astrein. Wie geleckt! Als wäre es schon immer so gewesen und als hätte es jemand so gewollt

Wenn das Gaubendach fertig ist, wird mit dem Hauptdach weiter gemacht. Die Kehle zur Gaube ist immer aufwändig; jedenfalls dann, wenn es hinterher gut aussehen soll. Manchmal laufe ich sogar drei oder viermal die Leiter hoch bis eine Kehlschindel richtig passt. Aber wenn man das gepackt hat und sieht, wie unglaublich gut die ganze Sache aussieht, war es alle Mühen wert (und, ja, Zeit für ein Weizen)